12. Station:   Jesus stirbt am Kreuz.

Ein Kreuzweg

Titel: Ein Kreuzweg
Jahr: 2016
Maße: 14 Tafeln, je 29,7 cm x 21,0 cm (A4)
Material: etwa 80 Jahre altes handgewebtes, ungarisches Leinen, schwarzes Vierfachgarn
Technik: graphische Schwarzstickerei

Auch im Jahr 2016 erzählte ich in meinen Arbeiten wieder Geschichten, die es zu entdecken und zu lesen gilt. Diesmal ist es eine der ältesten Geschichten der Menschheit, unter dem Titel „EIN KREUZWEG“ vom 4. bis 24. März 2016 zu sehen bei Schmitt Paramente, Köln.

 

In meinen Arbeiten erzähle ich Geschichten, die es zu entdecken und zu lesen gilt. In meiner diesjährigen Ausstellung ist es eine der wohl ältesten Geschichten der Menschheit: der Kreuzweg.

Die Tradition der Kreuzwege fand ihren Ursprung bereits im Jerusalem der Antike. Damals hielt man jedoch nur an zwei Stationen inne, am Haus des Pilatus und auf dem Hügel mit Namen „Golgatha“. Über die Pilger, die das Heilige Land besuchten, kam die Tradition im Laufe der Zeit auch nach Europa. Seit dem Mittelalter sind Kreuzwege auch im deutschen Sprachraum bekannt, aber erst seit dem Barock kennt man ihn mit den heute bekannten 14 Stationen.

Vor allem in schwierigen Zeiten, etwa nach Kriegen, haben sich Künstler mit diesem Thema auseinandergesetzt, u. a. so berühmte wie Joseph von Führich, der „Vater“ des sog. Nazarener-Stils, aber auch Musiker wie zum Beispiel Franz Liszt mit seiner Komposition „Via crucis“. Schon seit einer geraumen Zeit hat auch mich dieses Thema beschäftigt und nach den traurigen Ereignissen der jüngsten Vergangenheit reifte im vorigen Jahr der Wunsch, das nun umzusetzen.

Als Stickgrund habe ich altes handgewebtes, ungarisches Leinen gewählt. Es ist gebleicht und weist neben dem typischen Mittelknick eine Vielzahl von Falten auf, die nicht zu entfernen sind, weil die Fasern aufgrund ihres Alters an dieser Stelle gebrochen sind. Diese vermeintlichen Fehler habe ich mir jedoch zunutze gemacht und in die Gestaltung mit einbezogen. Nach einer Farbgebung im Aquarell-Verfahren erinnert das Leinen so an die Gewänder der damaligen Zeit. Diese Färbetechnik erlaubte mir außerdem eine gezielte Einfärbung, z. B. bei der 12. Station: „Jesus stirbt am Kreuz.“ Dazu steht in der Bibel sinngemäß: „…und der Himmel verdunkelte sich“. Und auch an anderen Stellen ist diese Technik gezielt eingesetzt.

Die gewählte Sticktechnik, die grafische Schwarzstickerei, hat eine zwar reduzierte, aber nicht minder ausdrucksstarke Bildsprache. Bei ihr wird im Gegensatz zu der traditionellen Schwarzstickerei nicht in kleinen Mustern, sondern in einfachen, grafischen Linien gestickt. Außerdem erlaubt diese Technik eine größtmögliche Abstraktion und eröffnet damit dem Zuschauer die Möglichkeit der weitgehenden persönlichen Interpretation. Das war mir bei einem solchen Thema besonders wichtig.

Ein weiteres Gestaltungsmerkmal sind die vermeintlichen Missverhältnisse in der Größendarstellung u. a. des Kopfes und der Hände. Damit wird die geistige Ohnmacht ausgedrückt, z. B. als in Station I Pilatus das Urteil spricht, eine – zumindest vorerst – geistige Gewalt gegen Jesus. Ähnlich ist es in Station X, als er seiner Kleider beraubt wird, oder in Station XI, als er ans Kreuz genagelt wird. Die körperliche Gewalt, die er nun erfahren muss, ist z. B. in der größer dargestellten, geballten Faust seines Peinigers zu erkennen. Dieser Gewalt kann er sich nun nicht mehr entziehen, er kann ihr nicht mehr entfliehen. In dieser und der nächsten Tafel fehlt daher bewusst die Darstellung der Füße.

Ähnlich ist der jeweils gewählte Bildausschnitt zu beurteilen: Eine so persönliche, ja fast intime Darstellung wie die Begegnung mit seiner Mutter tritt in den diskreten Hintergrund, während die Hilfe von Simon von Cyrene näher in den Blick des Zuschauers gerückt wird und den Rahmen fast sprengt.

In all diesen Gestaltungselementen sehe ich jedoch nicht nur eine Darstellung der damaligen Handlung, sondern auch einen für mich deutlichen aktuellen Bezug. Als einzige Person in der ganzen Geschichte ist Veronika mit einem Gesicht dargestellt. Ihre Hilfe hat damit einen Namen erhalten und wird so in das Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt. Das spannt den Bogen zur aktuellen Situation, der vielfältigen, ebenfalls meist namenlosen Hilfe, ohne die die aktuelle Flüchtlingssituation wohl bei Weitem nicht zu bewältigen wäre.

1. Station: Jesus wird zum Tode verurteilt.
1. Station: Jesus wird zum Tode verurteilt.
2. Station: Jesus nimmt das Kreuz auf seine Schultern.
2. Station: Jesus nimmt das Kreuz auf seine Schultern.
3. Station: Jesus fällt zum ersten Mal unter dem Kreuz.
3. Station: Jesus fällt zum ersten Mal unter dem Kreuz.
4. Station: Jesus begegnet seiner Mutter.
4. Station: Jesus begegnet seiner Mutter.
5. Station: Simon von Cyrene hilft Jesus das Kreuz tragen.
5. Station: Simon von Cyrene hilft Jesus das Kreuz tragen.
6. Station: Veronika reicht Jesus das Schweißtuch.
6. Station: Veronika reicht Jesus das Schweißtuch.
7. Station: Jesus fällt zum zweiten Mal unter dem Kreuz.
7. Station: Jesus fällt zum zweiten Mal unter dem Kreuz.
8. Station: Jesus begegnet den weinenden Frauen.
8. Station: Jesus begegnet den weinenden Frauen.
9. Station: Jesus fällt zum dritten Mal unter dem Kreuz.
9. Station: Jesus fällt zum dritten Mal unter dem Kreuz.
10. Station: Jesus wird seiner Kleider beraubt.
10. Station: Jesus wird seiner Kleider beraubt.
11. Station: Jesus wird an das Kreuz genagelt.
11. Station: Jesus wird an das Kreuz genagelt.
12. Station: Jesus stirbt am Kreuz.
12. Station: Jesus stirbt am Kreuz.
13. Station: Jesus wird vom Kreuz abgenommen und in den Schoß seiner Mutter gelegt.
13. Station: Jesus wird vom Kreuz abgenommen und in den Schoß seiner Mutter gelegt.
14. Station: Der Leichnam Jesu‘ wird in das Grab gelegt.
14. Station: Der Leichnam Jesu‘ wird in das Grab gelegt.

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„keichosaurus hui“

Titel: „keichosaurus hui“
Jahr: 2013
Maße: 115 cm x 45 cm
Material: Sackleinen, verschiedene Stoffe, Textilfarbe, Stickwolle, Perlen, Schwemmholz
Technik: Stickerei, Malerei, Drappierung verschiedener Stoffe

Dieser kleine Saurier kam – gemalt – per Post zu mir. In Kooperation mit einem Stuttgarter Künstler ist danach diese Textilarbeit entstanden.

 

Es war im Sommer 2012, als ich in einem Kölner Kunstbedarf einkaufte. Am Ausgang lag ein Stapel Zeitschriften, die verteilt wurden. Wie immer auf der Suche nach Anregungen nahm ich eine mit. Darin fand sich ein Gutschein eines Stuttgarter Künstlers. Bei Vorlage eines solchen Gutscheins und gegen Erstattung der Portokosten konnte jedermann/frau eine Arbeit von ihm erhalten, eingelegt in Wasser in einem verschlossenen Glas. Diese Arbeiten war von Beginn an auf Zerfall ausgelegt und der Künstler war – ohne jede Gewinnabsicht – daran interessiert, zu erfahren, was aus seinen Zeichnungen geworden ist. Er bat lediglich darum, ihm evtl. Fotos und/oder Beschreibungen des Zerfallprozesses zukommen zu lassen. Dieses Material sollte u. a. zur Dokumentation dieser Serie und damit für seine Examensarbeit dienen.

Darauf bin ich gerne eingegangen. Mehr noch, ich schlug ihm vor, seine Arbeit textil umzusetzen und die gegenläufige Bewegung – das Entstehen meiner und den Zerfall seiner Arbeit – festzuhalten.

Nach eingehender Recherche über den kleinen Saurier, der zurzeit des Trias in China lebte, ist daraus eine Arbeit geworden, die einerseits seine Entwicklung und andererseits den Zerfall der anderen Arbeit zeigt. Am Ende löst sich alles in Wasser auf und das Ergebnis, die Zukunft ist ungewiss.

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„Schwarzwälder Kirsch“

Titel: „Schwarzwälder Kirsch“
Jahr: 2014
Maße: 20 cm x 20 cm x 10 cm
Material: diverse Stoffe und Garne
Technik: Textilarbeit

Genuss ohne Reue: garantiert kalorienfreie Torte

 

Wenn ich mal wieder nicht an einem Stoffgeschäft vorbeikomme, ohne wenigstens kurz hinein zu gehen, ist das meistens ein sinnliches Vergnügen für mich. Ich lasse meine Finger über die Stoffballen gleiten und oft kann ich – ohne Hinsehen – erkennen, um welches Material es sich dabei handelt. Das ist eine gute Voraussetzung für die Gestaltung von dreidimensionalen Objekten in Stoff und Wolle, wie z. B. bei diesem Stück Torte. Die Haptik der einzelnen Materialien spielt nicht nur eine große Rolle, man kann den Spieß umdrehen und sie sich zu Nutze machen.

Ein einfacher Mürbeteigboden zuunterst stellt noch keine Herausforderung an den Stoff dar, aber schon der luftige Schokoladenbisquit darüber ist anspruchsvoller. Er lässt sich hervorragend durch Frottee darstellen und das Fett der Sahne glänzt dem Betrachter aus dem schillernden weißen Seidenmoiré förmlich entgegen. Wie aus der Spritztülle gedrückte Sahnestreifen zieren die Rückseite, winzige Quadrate aus dunkelbraunem Filz als Schokoladensplitter, wie zufällig darüber gestreut, und ein gehäkelter Sahnetuff vervollständigen das Bild. Und erst die Kirschen! Man möchte die bereit liegende Gabel ergreifen und herzhaft …

Und auch mein Logo, die drei Zeichen, habe ich in Filz zugefügt. Überhaupt verwende ich für mein Logo wenn möglich das Material und die Darstellungsweise der umgebenden Arbeit. Ich mag es nicht, wenn es mich anspringt. Weniger ist eben mehr.

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„Gundi“

Titel: „Gundi“verschenkt
Jahr: 2016
Maße: 30 cm x 21 cm
Material: altes handgewebtes, ungarisches Leinen, Vierfach-Stickgarn
Technik: grafische Schwarzstickerei

Gestatten: Gundi, der kleine Hund von Herrn Thomas Schmitt. Im Hause Paramente Schmitt durfte ich in 2016 meine Ausstellung zum Thema „EIN KREUZWEG“ präsentieren. Und dieses Bild von Gundi ist ein kleines Dankeschön dafür …

 

Als ich vor ungefähr zwei Jahren anlässlich einer damaligen Ausstellung zum ersten Mal im Hause Paramenten Schmitt war, lief mir dieser kleine Hund zwischen den Füßen herum und ich habe mich sofort in ihn verliebt. Was lag da näher, als diesen Vierbeiner auf meine Art zu „verewigen“? Also habe ich mir unter einem Vorwand ein Foto besorgt und mich an die Arbeit gemacht… Als Stickgrund habe ich dasselbe Leinen wie für den ausgestellten Kreuzweg benutzt, allerdings natürlich ungefärbt. Und auch das Format ist dasselbe wie die 14 Tafeln des Kreuzwegs.

Mein besonderes Augenmerk lag darauf, das Liebevolle im Gesicht des Hundes, in seinem Blick, rüberzubringen. Und ob mir das gelungen ist, möge der Betrachter anhand des folgenden Fotos selbst beurteilen.

2 x Gundi und der stolze Besitzer (Foto David Valles Fernandez)
2 x Gundi und der stolze Besitzer
(Foto David Valles Fernandez)

Am Abend der Eröffnung der Ausstellung am 4. März 2016 wurde das Bild überreicht und ich glaube, die Überraschung ist mir gelungen.

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„die.drei“

Titel: „die.drei“
Jahr: 2015
Maße: 82 cm x 123 cm
Material: verschiedenste Stoffe, Garne und Wolle, häufig handgefärbt, Spitze, Knöpfe, Reißverschluss usw.
Technik: Art-Quilt, Stickerei in verschiedenen Stichen, verschiedenste Textilbearbeitungen wie z. B. smoken, raffen, fälteln, außerdem log cabin maschinengenäht, handgequiltet

„die.drei“, gleichermaßen Titel wie Inhaltsangabe: drei Grundformen, drei Grundfarben, drei Techniken

 

Diese Arbeit entstand für meine erste Einzelausstellung in Köln, im Mai 2015 in der Flora.

Auf der schon beschriebenen ersten Ebene habe ich „die.drei“, die drei Techniken personifiziert, sie haben Gestalt angenommen, wenngleich auch anonym. Sie haben Körper und Köpfe, aber keine Gesichter und sie sind geschlechtslos.

Schaut der interessierte Zuschauer genauer hin, erkennt er, dass auch hier die verwendeten Techniken, die Stoffe, Garne, Wollfäden und anderen Zutaten eine Bedeutung haben, einen Sinn machen.

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Die gelbe Figur stellt das sticken dar; auf ihr finden sich alle sieben Stickstiche.

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Die rote Figur steht für das textile Gestalten mit u. a. Fältelungen, Raffungen, smoken und natürlich auch häkeln und stricken.

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Die blaue Figur schließlich ist das personifizierte quilten; sie enthält einen kleinen log cabin-Block und andere Quadrate.

Alle Figuren tragen zwar einen Hut und stehen auf einem festen Fuß, sind also in ihrer Position definiert und begrenzt, aber die jeweiligen Farben fließen ineinander über gleich den verwendeten Techniken.

Die dritte Ebene ist auch bei dieser Arbeit eine autobiographische. Jedes Stück Stoff, jeder Knopf oder Reißverschluss, alles hat für mich eine persönliche Bedeutung. So ist dieses Werk zu einer Art von Inhaltsangabe der Bandbreite meiner Arbeiten geworden.

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„black diamond“

Titel: „black diamond“verschenkt
Jahr: 2015
Maße: 180 cm x 120 cm
Material: verschiedenste Stoffe, Nähgarn
Technik: quilt-as-you-go, Maschinen- und Hand-Stickerei

ein Quilt zum Abschied für eine Freundin in schwarz und weiß

 

Im vorigen Jahr eröffnete mir eine langjährige Freundin, dass sie in einem Jahr, also dieses Jahr im September, zu ihrem Vater nach New York auswandert, für immer.

Nachdem ich mich von dem Schock erholt hatte, war es schnell klar: Zum Abschied und für ihr neues Leben möchte ich ihr etwas mitgeben. Etwas, das sie an mich erinnert, in guten und in schlechten Tagen, an heißen Sommertagen und im kalten New Yorker Winter, ein Quilt eben.

Und da das nun mal keine „Kleinigkeit“ ist, fragte ich sie vorsichtshalber, ob sie denn einen Quilt haben möchte. Die Zustimmung war groß. Auch bei der Wahl des Musters und der Materialien waren wir uns schnell einig. Wir mögen beide keine typischen Quiltstoffe. Da fehlt uns die unterschiedliche Haptik. Daher haben wir überwiegend Baumwollstoffe ausgewählt, etwas Wolle und einen Seidenmoirée für die Stege. Für die Rückseite suchten wir schwarzen Babycord aus und statt Vlies habe ich schwarzen Molton verwendet. So wurde der Quilt weich, anschmiegsam und doch warm.

Lediglich die Auswahl der Farben gestaltete sich schwierig. Sie wünschte sich uni schwarz und ich war strikt dagegen. Das wird einfach nicht lebendig. Schließlich haben wir uns auf 60 % schwarz, 20 % weiß und 10 % petrol, neben schwarz ihre zweite Lieblingsfarbe, geeinigt. Für die restlichen 10 % schlug ich gelb, pink oder lila vor. Ihr gefiel gold besser. So fanden kleine und kleinste Stücke aus dem Nachlass einer Textilwerkstatt eines Benediktine­rinnenklosters in Arnheim endlich eine Verwendung. Man soll doch nichts wegwerfen!

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Als Muster bevorzuge ich die quilt-as-you-go-Technik, da ich eine winzige Wohnung habe und so etwas auch in der kleinsten Hütte Platz findet. Und bis zu einem gewissen Stadium kann man das auch gut mitnehmen. Jeden Morgen im Bus nähte ich einen Steg auf der Rückseite von Hand an. So wuchs das gute Stück zügig.

Den Titel „black diamond“ in Anlehnung an die Quadrate des Musters und die Hautfarbe meiner Freundin ließ ich maschinell sticken und fügte den Streifen in das Muster ein. Ja, und wie meistens habe ich dann auch noch mein Wappentier versteckt: eine Maus. Sie ist knapp 2 cm groß, mit feinsten Stichen handgestickt und stiehlt sich grinsend von dannen…

Im September fliegt meine Freundin nach New York. Dann wird sie sich das erste mal mit dem Quilt zudecken. Im Flugzeug ist es ihr immer zu kalt, hat sie gesagt. Und im Sommer, wenn es in New York zu heiß dafür wird, kann sie ihn an die Wand hängen. Vielleicht denkt sie dann mal an mich…

In der Mitgliederzeitschrift Nr. 120 der Patchworkgilde Deutschland e. V. vom September 2015 wurde dieser Text im Rahmen einer Serie über Quilts in Schwarz und Weiß veröffentlicht.

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3_blaue Steine

„les Pierres Bleues“

Titel: „les Pierres Bleues“verschenkt
Jahr: 2014
Maße: 190 cm x 210 cm
Material: verschiedenste Baumwollstoffe
Technik: quilt-as-you-go, Stickerei in Nadelmalerei

Ein Geschenk an liebe Menschen in Süd-Frankreich für liebevolle Fürsorge am Jakobsweg und bei meiner Ausstellung

 

Mein Jakobsweg führte mich auch durch Südfrankreich, genauer gesagt, durch die Auvergne und nach Le Puy. Am Tag vorher übernachtete ich in einem winzigen Dorf von gefühlten fünf Häusern und einer Pension mit nur drei Zimmern. Aber was für eine Pension! Sie wird von Annie und Jean-Pierre Lorrain geführt, sie Deutsche und nach 30 Jahren in Frankreich immer noch eine gute deutsche Hausfrau, er Franzose. Da habe ich auf meinem Weg mal so richtig gut geschlafen, geschlemmt und tief durchgeatmet.

„Les Pierres Bleues“, das sind die blauen Steine, aus denen dieses ehemalige Bauernhaus gebaut ist, ein in der Gegend typischer Basalt, nicht kaputt zu kriegen. Diese Steine haben dem Haus und dem Quilt den Namen gegeben.

Einige Jahre später war ich wieder dort, um in der nahe gelegenen „bibliotheque“ eine Ausstellung zu eröffnen. Annie war so freundlich, bei der Vernissage für mich zu dolmetschen. Nadel und Faden sind mir halt vertrauter als Französisch. Als dann von den anwesenden Gästen eine Frage zum quilten gestellt wurde, sah ich Annies ratlosen Blick. Ein Quilt, was ist das denn? Ich habe die Antwort überspielt und mich zuhause direkt an die Arbeit gemacht. Drei Monate später war der Quilt dann bei ihr, heute hängt er unter dem Dach der Tenne und jeder kann ihn sehen, auch in einem Video unter les-pierresbleues.fr.

Und wenn Sie mal hinfahren sollten, bestellen Sie bitte ganz liebe Grüße von mir …

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Quilt Ulla Hoppe

„my Canterbury tales“

Titel: „my Canterbury tales“
Jahr: entstanden zwischen 2007 und 2010
Maße: 201 cm x 153 cm
Material: verschiedenste Baumwollstoffe und Leinen, große Variation von Garnen
Technik: Blöcke und Rand in verschiedensten Techniken gestickt, maschinengenäht, handgequiltet

 

“Whan that Aprille, with hise shoures soote,
the droghte of March hath perced to the roote
and bathed every veyne in swich licour
Of which vertu engendred is the flour;
Whan …”

Die Übersetzung lautet ungefähr so:

„Wenn es Frühling wird und die Säfte steigen, juckt es den Pilger in den Füßen und dann geht er los …“. Mir geht es genauso.

Der Text, das ist der Anfang des Prologs der Canterbury tales und genau so viel davon habe ich auf den umlaufenden Rand gestickt.

Die „Canterbury tales“, das sind Erzählungen aus dem 14. Jahrhundert, die von Geoffrey Chaucer von ungefähr 1387 an geschrieben wurden. Zwei von ihnen sind in Prosa, die übrigen in Versen verfasst. Die Erzählungen, von denen nicht alle als Original gelten, sind in eine Rahmenhandlung eingebunden, die von einer Pilgergruppe auf ihrem Weg von Southwark, einem Vorort von London, nach Canterbury handelt, wo sie das Grabmal von Thomas Becket in der Kathedrale von Canterbury besichtigen wollen. Der Wirt des „Tabard Inn“ schlägt den dreißig Pilgern vor, auf dem Hin- und Rückweg je zwei Geschichten zu erzählen, mangels Radio und Fernsehen damals die gängige Abendunterhaltung. Und er verspricht dem besten Erzähler als Preis eine Gratismahlzeit. Dass die übrigen Reisenden dann auch bei ihm einkehren werden, damit hat er sicherlich auch gerechnet. Recht geschäftstüchtig, wie ich meine.

Pilgern, das war das Wandern im Allgemeinen und Reisen einschließlich Sightseeing im Besonderen der damaligen Zeit. Und es ging zu Fuß, normalerweise, nur „betuchte“ Zeitgenossen konnten es sich leisten zu reiten oder gar mit einer Kutsche zu fahren.

Pilgern, das ist heute wieder „in“, wie man sagt. Spätestens seit Hape Kerkeling sagte: „Ich bin dann mal weg!“, geht alle Welt wieder auf Pilgertour, gerne auch nach Santiago di compostela in Spanien. Der Pilgerweg dahin war mir seit den 1970er Jahren bekannt und ich habe lange warten müssen, bis es meine persönliche Situation erlaubte, diesen Weg anzutreten. 2007 war es endlich soweit. In fünf jährlichen Etappen habe ich die rd. 2.500 km von meiner Haustüre bis nach Finisterre am Meer zurückgelegt. Und immer im Gepäck dabei: eine Stickerei.

Aus vielen kleinen Teilen ist dann irgendwann dieser Quilt entstanden. Ich habe alles verarbeitet, das mir in die Finger fiel, zumindest größtenteils aus Baumwolle und im Untergrund weiß war. Da finden sich ein Probelappen von maschinengenähten Knopflöchern, ein Taschentuch meines Vaters, Musterstücke für Bettwäsche, usw., usw. Gestickt habe ich in gelb und in allen Stichen und Techniken, die mir nur so eingefallen sind, teils nach Vorlagen, größtenteils aber wie immer ohne, so aus der Hand.

Für den umlaufenden Text habe ich eine Schrift verwendet, die an die Zeit der Entstehung der Geschichten erinnert: Old English Text MT, wie früher mit einem Federkiel geschrieben und das melierte Garn lässt an vergilbte alte Handschriften denken.

Die Rückseite besteht aus einem alten Leinen-Betttuch, das ich auf die Vorderseite umgeschlagen habe. An der Oberkante habe ich Langettenbögen gearbeitet, so wie an den alten Umschlaglaken unserer Großmütter.

Wenn ich heute diesen Quilt betrachte, bekomme ich gleich gut Laune.

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„die Quadratur des Kreises“

Titel: „die Quadratur des Kreises“
Jahr: 2005
Maße: 145 cm x 145 cm
Material: Baumwolle, in eigener Technik bearbeitet, Viskose
Technik: Blöcke aus regelmäßig wiederkehrenden Elementen, maschinengenäht, handgequiltet

eine Reminiszenz an Leonardo da Vinci

 

Die Proportionszeichnung von Leonardo da Vinci mit dem Titel „der Vitruvmann“, besser bekannt als „die Quadratur des Kreises“, hat mich schon als Kind fasziniert. Später entdeckte ich meine Liebe für die Renaissance und wieder für da Vinci.

Dieser Quilt mit seinen künstlich abgeschabten Stoffen, die an ein ausgeblichenes Pergament erinnern sollen, ist einerseits meine Sicht auf die Renaissance, wie sie sich langsam als Idee verbreitet, dargestellt durch die lila Einsätze, langsam ausbreitet, im Rand schon deutlicher wird, um auf der Rückseite die ganze Fläche einzunehmen. Andererseits ist auch hier die Quadratur des Kreises gegeben, selbst das Innere des Kreises besteht wiederum bei genauerem Hinsehen aus Quadraten.

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„2. Chance“

Titel: „2. Chance“
Jahr: 2010
Maße: 40 cm x 40 cm
Material: verschiedene Stoffe, Garne, textile Elemente, Fundstücke
Technik: freie Quilttechnik, Applikation, maschinengenäht, mit Stickerei gequiltet

eine kleine Quiltarbeit für eine Ausschreibung der Patchworkgilde e. V. in 2010

Der Quilt wurde 2010 auf der Ausstellung „Nadel und Faden“ in Osnabrück gezeigt.

 

Die Aufgabenstellung der Gilde bestand in freier Quilttechnik bei einer Verwendung von 90 % grau und 10 % einer Farbe nach eigener Wahl. Ich entschied mich für grün. In diesen Farben habe ich wie so häufig eine textile Geschichte erzählt, diesmal von Konfektionsgröße 36 bis 44, wie das Leben halt so ist …

Und natürlich ist auch hier eine Maus versteckt.

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